Kein Platz für Nazis - steht im Grundgesetz!

„Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus’ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ (Artikel 139 GG)

 

Im Klartext: sie gelten weiter!

 

Es gibt keinen Grund, von der frühen Grundsatzrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Abstriche zu machen, dass das Ziel der Befreiungsgesetze nicht nur die unmittelbare Liquidierung des Naziregimes unmittelbar nach Beendigung des 2. Weltkrieges war, sondern die Überwindung des Nationalsozialismus auf Dauer, und dass „die gesamte deutsche Rechtsordnung [...] vom Besatzungsrecht überlagert“ bleibt (NJW 1986, S. 2661,BVerfGE 2, 181)

 

Daraus abgeleitet ist nach wie vor geltendes Recht, was beispielsweise im Potsdamer Abkommen steht:

 

„Die Nationalsozialistische Partei ... ist zu vernichten; ... es sind Sicherheiten dafür zu schaffen, dass sie in keiner Form wieder auferstehen können; jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen“ ... „Alle nazistischen Gesetze, welche ... eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, Religion oder politischer Überzeugung errichteten, müssen abgeschafft werden. Keine solche Diskriminierung, weder eine rechtliche noch eine administrative oder irgendeiner anderen Art, wird geduldet werden.“ Übereinkunft, A. Politische Grundsätze, Punkte 3 und 4)

 

Die Bundesregierung erklärte anlässlich ihres Antrages auf Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen von 1973, und verwies damit auf die wirkliche Tragweite des Art. 139 GG:

 

„Das ausdrückliche Verbot von neonazistischen Organisationen und die Tatsache, dass man nazistischen Tendenzen vorbeugt, folgern gleichermaßen aus dem Grundgesetz, und zwar in der Richtung, dass die von den Alliierten und deutschen Behörden zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus in Kraft gesetzte Gesetzgebung auch weiterhin in Kraft ist.

 

Das Grundgesetz-Verständnis vieler Berufsverbots-Betroffener orientierte sich an dem des in Marburg lehrenden Rechtswissenschaftlers Wolfgang Abendroth (1906-1985), der sich auch zur Bedeutung des Artikels 139 sehr dezidiert äußerte (hier ein Nachdruck in der Zeitschrift „antifa“ der VVN-BdA, Ausgabe Mai/Juni 2019): „Durch Artikel 139 bekennt sich das Grundgesetz ausdrücklich zur Gedankenwelt der Befreiung von Nationalsozialismus und Faschismus und deren rechtlicher und politischer Fixierung, wie sie den damals vorliegenden Rechtsvorschriften ihren Niederschlag gefunden hatte. Sie verwandelt diese endgültig aus nur durch die Siegermächte des zweiten Weltkrieges vereinbarten und fixierten Überlegungen in eine eigenständig bindend festgelegte These des innerdeutschen, nämlich des bundesrepublikanischen Verfassungsrechts selbst, deren Bedeutung höher eingeschätzt wird als die konkretisierte Normenwelt des Grundgesetzes selbst.“

 

Dass demgegenüber juristische Kommentatoren wie Theodor Maunz (1901-1993) – ein seinerzeit hoch angesehener Hochschullehrer und zugleich heimlicher Autor des Neonaziblatts „Deutsche National-Zeitung“ – und der vom Kultus- (1978-80) und Innenminister (1980-83) Baden-Württembergs, dann Bundesverfassungsrichter, schließlich zum Bundespräsidenten aufgestiegene Roman Herzog (1934-2017) den Artikel 139 für praktisch unbedeutend erklärten (Maunz sogar für „gegen die Menschenwürde verstoßend"), das gehört ebenso zur unbewältigten Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland wie die Berufsverbote! Und zugleich unterstreicht es, wie absurd und verlogen die Versuche sind, ausgerechnet den „Radikalenerlass“ in eine angebliche „Abwehr von Links- und Rechtsextremisten“ umzudeuten.

 

„Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg“ - AKJ Humboldt-Universität 2005 (pdf)

Otto Köhler: Stumpf gegen rechts? Roman Herzog und der Artikel 139 des Grundgesetzes .- derFreitag 04.02.2005 (pdf)