„Friedliche Koexistenz“ ist eine Norm des Völkerrechts

Einige Berufsverbote wurden wegen Eintretens für die friedliche Koexistenz verhängt – gegen Menschen, die beispielsweise der DFG-VK oder der Deutschen-Friedens-Union (DFU) angehörten. Es gab viele solche Fälle in Bayern, aber auch vereinzelte in anderen CDU-regierten Bundesländern wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In Bayern gehörten 70 % der Berufsverbots-Betroffenen Organisationen der Friedensbewegung (darunter Religionslehrer) oder der linken SPD (Sozialdemokratischer Hochschulbund, streitbare Gewerkschafter) an – teilte der Münchner Rechtsanwalt Schmitt-Lermann (der viele von ihnen vertrat) in einem Leserbrief an die „Süddeutsche Zeitung“ vom 03.02.2012 mit. Der Sache nach war das nicht nur ein Angriff auf die damals von der SPD und Bundesregierung verfolgte Außenpolitik, sondern auch auf das Völkerrecht.

 

Jedenfalls hätte der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann (1899-1976) in Bayern Berufsverbot bekommen. Als er 1966 im Kabinett unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger als SPD-Bundesjustizminister berufen wurde, war er noch im Jahresbericht des „Bundesamts für Verfassungsschutz“ als „kommunistisch beeinflusster Neutralist“ aufgeführt. Denn er hatte – ebenso wie der spätere Bundespräsident Johannes Rau - der 1952 bis 1957 bestehenden Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP) angehört, die programmatisch als Vorläuferin der 1960 gegründeten DFU gelten kann. Neben den Kommunisten waren solche politischen Formationen (und erklärte Pazifisten) die einzigen, die in jener Zeit eine Außenpolitik der „friedlichen Koexistenz“ propagierten – und damit direkt ins Feindbild des bayerischen „Verfassungsschutzes“ rückten.

 

Die genannten Politiker, GVP, DFU, DFG-VK und auch andere Kräfte der Friedensbewegung traten für eine Politik ein, zu der die Bundesrepublik Deutschland sich ab den 1970er Jahren völkerrechtlich verpflichtet hatte.

 

„Tragikomischerweise versuchen die gegnerischen Schriftsätze, Herrn B., die DFU, die DFG-VK und Gewerkschaften mit den aufwendigsten und angestrengtesten Nachweisen zu überführen, dass ihr Verständnis der friedlichen Koexistenz dem der verbindlichen, von der BRD wie der DDR, von Kapitalisten und Kommunisten gleichermaßen unterschriebenen Helsinki-Schlussakte entspricht.“

Der Unsinn über die friedliche Koexistenz, gegen den Rechtsanwalt Schmitt-Lermann am 06.11.1985 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (übrigens unter Vorsitz eines des SPD angehörenden Richters) polemisieren musste (Auszüge aus dem Plädoyerpdf), findet sich noch heute in der deutschsprachigen Wikipedia unter dem gleichnamigen Stichwort.